Linda Meli
A RARE FAMILIAR
Malerei, Öl und Ölpastell auf gebrauchte Tischtücher,
diverse Masse
Wir sitzen zusammen am Küchentisch. Unsere Blicke fokussieren Objekte; sitzt man mit Mitmenschen, richtet sich die Aufmerksamkeit auf Mimik und Gestik. So nahe beisammen, kommt man nicht umhin, einander zuzuhören. Der Tisch formt und organisiert unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, unsere Körperhaltung und unmittelbare, räumliche Umgebung. Freundschaften werden geschlossen, vertieft; Fremde und Feinde ausgeschlossen. Nähe und Distanz zu anderen werden bestimmt und Hierarchien definiert. Es werden Gerichte, Geschichten und Geheimnisse aufgetischt. Objekte, die wiederum ihre eigenen Geschichten mitbringen und fest mit bestimmten Ritualen und Festlichkeiten verbunden sind. Der Küchentisch gibt einen Einblick in was und wer uns wichtig ist.
M.
14.02.23 (BERN)
Ich treffe M. am 14. Februar per Zufall in der Antipasti-Abteilung im Migros Breitenrein. Besser gesagt, er trifft auf mich. Mit dem unbestimmten Gefühl, dass sich mir jemand nähert und mich fixiert, starre ich konzentriert auf die in Öl schwimmenden Knoblauchzehen. Er muss mich ansprechen, damit ich endlich reagiere und überrascht in ein bekanntes Gesicht blicke. Er gehe ins Theater und veranstalte vorher einen Apéro. In seiner Hand der orange Einkaufskorb, bis an den Rand gefüllt, mit allerlei Käse und Gebäck. Als waschechter Italiener kritisiert er lauthals die Bruschetta-Aufstriche vor uns im Regal. Allesamt zu fade! Da man sich selten trifft, werden kurz die wichtigsten Floskeln ausgetauscht. Ich erwähne mein Vorhaben, auf das er prompt mit «Soll ich dich einladen?!» reagiert. Gefolgt von der Frage: «Darf man dabei auch Alkohol trinken?» Ich bejahe, er freut sich. Wir verabschieden uns und gehen verlegen in dieselbe Richtung, synchron, doch durch ein Regal getrennt, unsere Wege.
[…]
11.03.23 (BERN)
Mit schwerem Kopf sitze ich an meinem eigenen kleinen Küchentisch. Ich bemerke eine schmale Lücke zwischen den verleimten Holzbrettern. Sie scheinen sich im Laufe der vergangenen Monate verzerrt zu haben. Mein Tisch, eine Massanfertigung, zusammengeschreinert aus ehemaligen Garderoben-Bänken, wie man sie noch aus der Primarschule kennt. Er steht, ähnlich wie dessen Entwerfer selbst, auf zwei unendlich schweren Eisenfüssen. Ein Küchentisch ist ein schrecklich einsames Objekt, sind die Gäste einmal weg. Die gähnend leeren Stühle zeigen einem provokativ wie allein man plötzlich sitzt. Ich betrachte all die kleinen Indizien einer gemeinsam verbrachten Zeit, die meine Freunde zurückgelassen haben. Ein Stillleben, mehr oder weniger sorgfältig über Stunden gemeinsam arrangiert. Währenddessen oft gedankenverloren in Erzählungen vertieft.
[…]
Linda Meli
A RARE FAMILIAR
Malerei, Öl und Ölpastell auf gebrauchte Tischtücher,
diverse Masse
Mentorat
Theorie: Alexandra Schüssler
Praxis: Gaël Sapin
Kontakt
@linda_meli
www.lindameli.com
Nach drei Jahren von virtuellen oder hybriden Ausstellungsformaten konnte 2023 erstmals wieder eine Finale Ausstellung an der Fellerstrasse 11 in Bümpliz stattfinden. Die Pandemie bewirkte aber nicht bloss, dass sich neue Formen des Ausstellens etablierten. Natürlich wirkte sich die Krise auch auf das Studium vieler Student:innen direkt aus: Man sah sich kaum vor Ort, arbeitet oft alleine und bewegte sich fast ausschliesslich im virtuellen Raum. Dies führte auch dazu, dass viele Studierende ihre Zeit an der HKB verlängern wollten. Dieses Jahr im Juli absolvierten zwölf Diplomand:innen den Studiengang Visuelle Kommunikation. Ihre Arbeiten finden Sie hier:
Diplomand:innen
Camille Ayer
Florian Beyeler
Hannah Boldt
Irini Gleglakou
Samira Gollin
Lisa Hansen
Nina Kneubühler
Lukas Lüdi
Mattia Marchese
Linda Meli
Rebekka Seiz
Anaïs Vidal